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Selbstbewusst Verhandeln 04
Inhalt
Selbstbewusst Verhandeln 01: Grundlagen
Selbstbewusst Verhandeln 02: Das Prinzip Augenhöhe
Selbstbewusst Verhandeln 03: Verhandeln auf Augenhöhe
Selbstbewusst Verhandeln 04: Praktische Hinweise
Selbstbewusst verhandeln 05: Epilog: Vor dem Gesetz (Franz Kafka)
Praktische Hinweise
Sie haben die Grundprinzipien und die innere Haltung des Verhandelns auf Augenhöhe verinnerlicht und verstanden. Diese waren bislang noch recht grundsätzlich. Aus diesen jedoch ergeben sich, wollen wir die Sache professionell angehen, einige sehr praktische Hinweise für die Vorbereitung einer Verhandlung und Ihr konkretes Verhalten im Gespräch.
Diese Hinweise finden Sie nachfolgend übersichtlich aufgeführt:
04-01 Vorbereitung
Kennen Sie sich selbst!
Lernen Sie einen positiven Umgang mit Ihren eigenen Gefühlen und Emotionen! Lernen Sie Ihre Gefühle und emotionalen Impulse kennen, damit sie von diesen in einer Verhandlung nicht unangenehm überrascht werden!
Kennen Sie die Fakten!
Beschäftigen Sie sich im Vorfeld der Verhandlung detailliert mit Ihren eigenen Forderungen und Positionen! Welche sachliche Basis haben Ihre Wünsche oder Forderungen an Ihren Gesprächspartner? Wie stabil ist Ihre Position gegenüber einer objektiven Prüfung der Fakten und Rechtslage? Je sicherer Sie in der Faktenlage sind, desto stabiler wird das Fundament Ihrer Argumente sein.
Kennen Sie Ihre Ziele!
Welches sind Ihre primären Wünsche, Forderungen oder Ziele? Welche sind Ihnen weniger wichtig? Wie möchten Sie die soziale Beziehung zu Ihrem Gesprächspartner gestalten? Welche innere Haltung möchten Sie durch Ihr Verhalten in der Verhandlung zum Ausdruck bringen?
Eine Verhandlung ist fast immer emotional unruhiges Gewässer. Wer sich vorher eine Karte mit klaren Wegmarken erstellt, bleibt mit größerer Wahrscheinlichkeit trotz Gegenwind und Wellengang auf Kurs.
Kennen Sie Ihre Verantwortung und Kompetenzen!
In wessen Auftrag handeln Sie? Wem gegenüber werden Sie berichten? Welche Bedeutung hat Ihre Verhandlung für Ihre soziale Beziehung zu diesen Personen?
Welche Verantwortung tragen Sie in der Verhandlung? Haben Sie alle notwendigen Kompetenzen, um die in Sie gesetzten Erwartungen vollständig zu erfüllen? Wenn nicht: Wie oder durch wen können Sie diese erhalten?
Machen Sie sich deutlich: Wenn Sie die Verantwortung für einen Auftrag übernehmen, für den Sie nicht alle notwendigen Kompetenzen verfügen, dann werden Sie mit diesem Auftrag mit großer Wahrscheinlichkeit scheitern.
Kennen Sie Ihre Alternativen!
Seien Sie sich stets gewiss, dass Ihr Gesprächspartner Ihnen das, was Sie sich wünschen, möglicherweise nicht geben wird. Was tun Sie dann? Entwickeln Sie daher bereits im Vorfeld einen Plan B.
Vergleichen Sie das sich abzeichnende Ergebnis mit Ihrer zweitbesten Alternative. Dies steigert sowohl Ihre Klarheit als auch Ihre Beweglichkeit im Verlauf der Verhandlung.
Kennen Sie Ihr Gegenüber!
Setzen Sie sich mit Ihrem Verhandlungspartner auseinander! Welchen Wissensstand und welche Sichtweise hat dieser? Welche Vorteile erhofft er sich durch ein für ihn positives Verhandlungsergebnis? Welche Nachteile wird er versuchen, abzuwenden? Welche Argumente wird er vorbringen? Wie wird er auf Ihre Argumente reagieren?
Was für ein Mensch ist er? Was ist ihm wichtig? In welcher Rolle fühlt er sich wohl? Je wohler sich Ihr Gegenüber im Gespräch mit Ihnen fühlt, desto bereitswilliger wird er sich von selbst Ihren Argumentationen und Wünschen öffnen. Dies verbessert nicht nur die Stimmung im Gespräch, sondern erhöht darüber hinaus Ihre Chancen für ein positives Ergebnis.
Welche Bedürfnisse liegen hinter den Forderungen oder Positionen der anderen Partei? Je mehr dieser Bedürfnisse Sie durch Ihr Verhalten oder Ihre Lösungsvorschläge erfüllen, umso geringer wird sein Interesse an einer Durchsetzung seiner eigenen Forderungen, und umso bereitswilliger wird er schließlich von diesen abweichen.
Welche weiteren Personen im Umfeld Ihres Verhandlungspartners sind in dessen Hintergrund von Verlauf und Ergebnis der Verhandlung betroffen? Welche Bedeutung haben diese für die Haltung und die Wünsche Ihres Gegenübers?
04-02: Im Verhandlungsverlauf
Behandeln Sie Ihren Gesprächspartner konsequent respektvoll und freundlich! Selbst und gerade dann, wenn dieser Ihnen wenig oder keinen erkennbaren Respekt entgegen bringt.
Erschaffen Sie eine angenehme, ungestörte Gesprächsatmosphäre!
Betrachten Sie ihren Gesprächspartner nicht als Gegner, sondern als Partner in gemeinsamer Sache!
Erkennen Sie an, dass die Forderungen oder Wünsche, die er vorbringt, in seinen Augen sinnvoll und wünschenswert sind. Dass diese nicht mit den Ihren übereinstimmt, liegt nicht (von Ausnahmen abgesehen) an Dummheit oder Bosheit der anderen Partei, sondern zum Großteil an Ihren unter-schiedlichen Rollen und Sichtweisen.
Greifen Sie die Vorschläge Ihres Gesprächspartners nicht an! Dadurch zwingen Sie ihn nur, seine Position zu verteidigen und dadurch zu zementieren. Genau das wollen Sie nicht!
Behandeln Sie stattdessen auch den scheinbar absurdesten Vorschlag Ihres Gesprächspartners, als wäre dieser ein ernst gemeinter Lösungsversuch!
Decken Sie die Argumentationskette auf, die aus seiner Perspektive heraus sachlogisch zu der von ihm vertretenen Forderung führt. Fragen Sie hierbei nicht nach dem „Warum?“! Fragen Sie stattdessen: „Wie kommen Sie zu dieser Forderung?“ oder „Auf welcher Basis beruhen Ihre Annahmen?“! Wenn es Ihnen gelingt, aufzuzeigen, dass Teile seiner Argumentations-basis in Ihrer Fragestellung nicht relevant oder nicht anwendbar sind, verlieren automatisch auch seine darauf beruhenden Forderungen an Substanz und Gewicht.
Verschanzen Sie selbst sich nicht hinter Ihren eigenen Forderungen! Im Gegenteil: Geben Sie sich selbstbewusst und kooperativ! Laden Sie Ihren Gesprächspartner ein, Fehler in Ihrer Argumentation aufzudecken!
Erzeugen Sie Empathie! Lassen Sie Ihr Gegenüber die Situation aus Ihren Augen betrachten! „Wenn Sie an meiner Stelle wären, was wäre Ihnen dann wohl wichtig?“
Sollte sich Ihr Gesprächspartner hinter einer radikalen Forderung verschanzen, spielen Sie mit diesem hypothetisch durch, was wohl wohl passieren würde, wenn Sie seine Forderungen 1:1 erfüllen würden. Welche Folgen hätte dies?
Greifen Sie in emotionale Ausbrüche nicht ein! Sollte Ihr Gegenüber Sie persönlich attackieren, so widerstehen Sie dem „Duellreflex“! Lehnen Sie sich zurück und betrachten Sie das Schauspiel „Wutausbruch“ als ein emotionales Gewitter, das sich ausregnen muss und dann vorüber zieht.
Wenn die Situation verfahren erscheint, bitten Sie um eine Pause! Oftmals reichen 15 Minuten aus, um hochgekochte Emotionen wieder auf handhabbare Temperatur abkühlen zu lassen.
Sollte Ihr Gesprächspartner Vorschläge oder Argumente vorbringen, die für Sie nicht akzeptabel sind, nutzen Sie die Macht des Schweigens. Gleiches gilt für persönliche Angriffe und andere unlautere Verhandlungsstrategien. Lehnen Sie sich zurück, schauen Sie Ihrem Gesprächspartner in die Augen und sagen Sie kein Wort!
Streben Sie, wann immer möglich, nach einer Lösung, die den Interessen aller beteiligten Parteien entgegen kommt!
Vergleichen Sie das bestmöglich erreichbare Ergebnis dieser Verhandlung mit Ihrer zweitbesten Option!
04-03: Wenn die andere Seite unfair spielt
Auch das gibt es: Verhandlungspartner, die mit psychologischen Tricks versuchen, Sie emotional zu destabilisieren und dadurch ihre eigene Position zu stärken.
All dies ist erlerntes Verhalten. Ihr Gegenüber würde es nicht anwenden, wenn er nicht zuvor wieder und wieder genau damit Erfolg gehabt hätte. Es ist daher nur natürlich, dass er diese bewährten Strategien nun auch bei Ihnen anwendet. Dies ist nicht zuletzt ein Zeichen sozialer Intelligenz.
Derartige Strategien beruhen auf der Annahme, dass Sie die Finten und Manipulationsversuche Ihres Gegenübers entweder nicht durchschauen oder aus Angst vor einem Konflikt hinnehmen und dulden. Darüber, dass seine Taktik bei Ihnen nicht (mehr) fruchtet, hat er schlichtweg bislang keine Kenntnis erlangt.
Bewahren Sie die Ruhe und behandeln Sie Ihren Gegenüber weiterhin konsequent freundlich und respektvoll! Nicht, weil Sie dadurch ein besserer Mensch würden. Wenn Sie nicht aufpassen, kann das tatsächlich ein Nebeneffekt sein. Aber das ist nur ein Randaspekt. Bleiben Sie respektvoll, weil es Ihnen selbst hilft, einen klaren Kopf zu bewahren. Darüber hinaus bieten Sie, wenn Sie respektvoll bliben, selbst einem willig gesonnenen Gegenüber nur wenig Angriffsfläche.
Sprechen Sie unlautere Manipulationsversuche der Gegenseite entschlossen an! Machen Sie frühzeitig und notfalls wiederholt deutlich, dass Sie das Verhalten Ihres Gegenübers sehr wohl durchschauen und es nicht dulden werden!
Widerstehen Sie auch hier dem Impuls, Ihren Gesprächspartner für dessen unschöne Praktiken anzugreifen! Beschreiben Sie stattdessen konkret beobachtetes Verhalten und dessen Auswirkungen auf Ihre Sichtweise und Gedanken in Bezug auf die vorliegende Verhandlung!
Deuten Sie Angriffe Ihres Gesprächspartners als Anzeichen dafür, dass diesem wichtige Information fehlt. Selbstverständlich ist die Frage „Was bilden Sie sich ein?!“ rhetorisch gemeint. Dennoch können Sie sie als sachlich begründete Frage behandeln und beantworten: „Ich bilde mir ein, dass wir alle an einer Lösung interessiert sind, die den Erfordernissen beider Seiten gerecht sind. Liege ich damit richtig?“
Auf diese Weise nehmen Sie Ihrem Gesprächspartner zwar nicht immer den Wind aus den Segeln, aber oft seine Segel aus dem Wind.
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Weiterführende Information:
Die Zeit: „Lügner verraten sich durch ihre Angst“
Focus Online: Wie man seine eigene Macht nicht untergräbt
Süddeutsche Zeitung: Reden ist Geld
Süddeutsche Zeitung: So verhandeln Kinder richtig ums Taschengeld
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